Es gibt zwei Arten von Albiflora-Mutationen bei Orchideen:
- die spontane Bildung einer weiß blühenden Form als Folge eines genetischen Defekts bei der Bildung von Anthocyanin-Pigmenten, traditionell als Laune der Natur bezeichnet, Häufigkeit: 1-5 auf 1000 Pflanzen
- Populationen von weiß blühenden Mutationen als Folge einer evolutionären Anpassung an Umweltbedingungen, etwa in Konkurrenz zu anderen violett blühenden Nektartäuschblumen, Häufigkeit: 10 bis 500 auf 1000 Pflanzen
Beide Formen sind mir auf der Hochebene Sarcidano, im Zentrum von Sardinien begegnet.
Bei ausgedehnten Wanderungen zwischen Láconi, Ortuabis und Santa Sophia habe ich ein einziges Mal eine Albiflora-Form von Orchis mascula subsp. ichnusae gesehen, wobei die purpurne Markierung in der Blütenlippe noch erhalten war:
Zuvor hatte ich im Wald von Domusnovas, im südlichen Sardinien, bereits eine einzelne Orchis anthrophora ohne die charakteristische Blütenfärbung angetroffen:
Weit häufiger aber sind die weiß blühenden Formen von Anacamptis morio subsp. longicornu im Sarcidano zu finden. Jeweils etwa ein Drittel der insgesamt mehrere tausend Pflanzen in diesem Gebiet hat die dunkle Violettfärbung, eine helle Violett- oder Rosafärbung oder war weiß blühend.
Diese Häufung von Albiflora-Formen gab es in keiner anderen von mir besuchten Region auf Sardinien, weder bei Domusnovas/Iglesias noch im Norden oder am Monte Albo. Dort blühen Anacamptis morio subsp. longicornu durchgehend in der üblichen violettfarbenen Form. Möglicherweise gibt es einen evolutionären Vorteil der Albiflora-Formen im Sarcidano – wo auch Orchis mascula subsp. ichnusae häufig ist und Bestäubern wie Bienen die Lernerfahrung vermittelt, dass es bei dieser Blütenfarbe und -form keinen Nektar im Sporn gibt. In den anderen Regionen ist Orchis mascula subsp. ichnusae seltener oder gar nicht präsent.