Reiseberichte und ein Expertenstreit


Das Sundheim-Orchideentreffen hat nach 21 Jahren einen neuen Tagungsort gefunden: Anfang Oktober sind rund 50 Teilnehmer in Kehl-Neumühl zusammengetroffen, wenige Kilometer vom traditionellen „Stierstall“ entfernt im evangelischen Gemeindezentrum der badischen Ortsgemeinde. Die Geschichte der Konferenz beschreibt Werner Hahn in der jüngsten Ausgabe der Berichte aus den Arbeitskreisen Heimische Orchideen (Jg. 34, Heft 1, 2017, S.234-237).

Schwerpunkte im diesjährigen Programm waren Reiseberichte aus dem Iran (Jean-Marc Haas), Kroatien/Griechenland (Stefan Hertel) und Israel (Helmut Presser). Jean-Marc zeigte Funde von Ophrys zagrica in 2300 Metern Höhe, Ophrys khuzestanica und Ophrys strausii, ebenso wie Tulipa stapfys mitten in trockenem Geröll, Fritillaria imperialis oder von Iris acutiloba subsp. longipetalis. Stefan ging den Übergängen von Ophrys incubacea zu Ophrys mammosa und stellte von der Insel Kephalonika die von dort benannte Ophrys cephalonica mit ihren langen schmalen Sepalen vor. Helmut war Anfang März am Mount Karmel und am Mount Meron unterwegs. Zu den dort wachsenden Arten gehören Ophrys carmelii und Orchis galiläa.

Eine für die Debattierfreude der Orchideenwissenschaftler bezeichnende Diskussion gab es nach einem Vortrag von Wolfgang Wucherpfennig. Er bekräftigte seine Kritik am Taxon Ophrys lutea var. subfusca für eine in Nordafrika blühende Orchidee. Die Beschreibung von Heinrich Gustav Reichenbach aus dem Jahr 1851 – mit zwei wenig aussagekräftigen Zeichnungen – habe zur Folge gehabt, „dass in den nächsten Jahren der Name subfusca für alle möglichen Arten verwendet wurde“. Entsprechend verworren sei die so entstandene Lage. Wucherpfennig plädierte erneut dafür: „Man sollte den Namen subfusca nicht mehr benutzen, sondern als Nomen dubium ansehen.“ Karel Kreutz hingegen sieht in einem mit „Ophrys fusca“ bezeichneten Herbarbeleg der Sammlung Reichenbach einen Holotypus der Ophrys lutea var. subfusca und verweist auf aktuelle Funde der Pflanze in Algerien – festgehalten in dem Beitrag C.A.J. Kreutz/L.Lewis: Typification of Ophrys lutea var. subfusca Rchb. f., invalidity of the name Ophrys murbeckii H.Fleischmann. In: Journal Europäischer Orchideen Vol. 46, Heft 1/2014.

Die Beteiligten setzten ihre Diskussion noch eine Weile fort. Offen blieb die Frage nach der Relevanz jenseits von wissenschaftshistorischen Abhandlungen. Langfristig entscheidender als taxonomische Streitigkeiten dürften die Fragen bleiben, die sich aus der Gefährdung vieler Orchideenarten ergeben.

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