Farbwechsel bei diploiden Dactylorhiza-Arten häufiger

In einem E-Mail-Wechsel zu seinem Artikel im Journal Europäischer Orchideen (JEO) hat mir der Orchideen-Experte Richard Bateman von Kew Gardens geschrieben, dass Albiflora-Pflanzen „bei diploiden Dactylorhiza-Arten weit häufiger auftreten als bei tetraploiden Arten“. Eine mögliche Ursache könnte die „Pufferung von Mutationen durch den Besitz von vier vergleichbaren Genen im tetraploiden Chromosomensatz“ sein. Diploide Arten (mit 40 Chromosomen) sind Dactylorhiza fuchsii, D. incarnata und D. sambucina. Tetraploide Arten (mit 80 Chromosomen) sind D. majalis, D. praetermissa, D. maculata, D. elata, D. sphagnicola und D. traunsteineri.

Bei Dactylorhiza fuchsii werden Pflanzen mit weißen Blüten relativ häufig beobachtet, und in Irland gibt es zudem die faszinierende D. fuchsii ssp. okellyi, die ebenfalls diploid ist. D. incarnata und D. sambucina sind für ihren Farb-Dimorphismus bekannt: Rot und gelb bei D. sambucina, violett und gelbweiß bei D. incarnata und seiner var. ochroleuca. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel der Annals of Botany (2009) stellen Mikael Hedrén und Sofie Nordstroem die Ergebnisse ihrer Forschungen über Farb-Dimorphismus bei D. incarnata vor. Sie beobachteten, dass es „kein eindeutiges Muster einer Standort-Differenzierung unter den Farbvarietäten gibt“. Bei D. incarnata var. ochroleuca „wird der Mangel an Anthocyaninen wahrscheinlich von einer speziellen rezessiven Allele in homozygoter Form verursacht“ – der diploide Chromosomensatz hat dann also in beiden Paaren das Allel, welches für das Fehlen der violetten Farbe in den Blüten verantwortlich ist.

Neben der genetischen Fragen beeinflusst die Farbe auch die Funktionalität der Orchideenblüten für die Befruchtung. Bateman schrieb mir, dass „in zumindest einigen Fällen der plötzliche Verlust von Anthocyaninen (oder einfach die drastische Reduzierung der Anthocyanin-Produktion) die Präferenzen von befruchtenden Insekten beeinflussen muss und zur Herausbildung neuer Abstammungslinien führt“. Ein mögliches Beispiel für einen solchen evolutionären Prozess könnte Gymnadenia frivaldii sein, die eng mit Gymnadenia conopsea verwandt ist.

Aber generell ist die Frage nach einer bestimmten Funktionalität des Farbwechsels noch ohne Antwort. Im Anschluss an seine Erwähung weißer Blüten im oben genannten JEO-Artikel schrieb mir Bateman, es wäre „korrekter, den Begriff ‚Parallelismus‘ als den der ‚Konvergenz‘ zu verwenden, da in den meisten Fällen niemand eine Änderung der Funktion oder des ‚Verhaltens‘ bei den abweichenden weißen Blüten nachgewiesen hat“. Er wies ferner hin auf „die Wahrscheinlichkeit, dass viele Mutationen und Epimutationen weiße Blüten erzeugen“. Bateman erkannte an, dass es da noch viele offene Fragen gebe und warf auch die Frage auf, „ob Weiß überhaupt eine Farbe ist“. Dabei führte er „die sehr einfachen Verschiebungen zwischen ‚weißen‘ und ‚grünen‘ Blüten bei Platanthera“ an.

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